Ja, es gibt sie doch noch, diese Werbesendungen ohne Filmaufnahmen einer grandiosen Wüstenlandschaft, auf dessen staubiger Straße sich ein deutscher Mittelklassewagen sein Ziel sucht. Es gibt eine Werbung ohne Frauen, die um die Welt fliegen müssen, um ihren Haarfestiger zu testen, und ohne gestählte Sportler mit widerborstigem Barthaar, denen man beim Rasieren zuschauen und sich mit ihnen freuen kann, weil sie endlich die richtige Klinge gefunden haben. Nein, es geht auch ganz bescheiden.
Da liegen zwei junge Männer auf ihren Matratzen, die sie offensichtlich neu erworben haben. Sie wahren den gebotenen Abstand, jeder liegt auf seiner Matratze und ist anständig bekleidet. Die Werbeleute haben von vornherein alle Mutmaßungen ausgeschaltet. Ein Schlafzimmer würde hier nur ablenken, ebenso ein Spannbettbezug, ein Kopfkissen oder eine Bettdecke. Die Koryphäen der Werbung verzichteten auch auf zwei Bettgestelle, um den Konsumenten nicht zu irritieren. Die jungen Männer selbst erwecken auch nicht den Eindruck, als ob ihnen etwas fehlen würde.
Und doch, es scheint als wären ihnen im Augenblick die großen Fragen des Lebens ausgegangen, die es unter Männern zu erörtern gilt. Jetzt haben sie offensichtlich den Wunsch, über ihre neuen Anschaffungen zu sprechen, auf denen sie gerade liegen.
Dem rechten Matratzenbesitzer (links vom Zuschauer) scheint es ein Bedürfnis zu sein, dem linken Matratzenbesitzer mitzuteilen, dass er eine Matratze erworben habe, die ein Vermögen gekostet hat, aber deren Qualität den doch hohen Kaufpreis rechtfertige. Eben ein Vermögen!
Das hört man ja immer wieder von jungen Leuten, die aus ihrem finanziellen Dilemma nicht mehr herauskommen, weil sie sich eine neue Matratze angeschafft haben. Sie liegen jetzt hervorragend, können aber wegen der Schulden nicht mehr schlafen.
Jetzt erfährt man vom Mann auf der linken Matratze Erstaunliches: „Nur 199 Euro“, erklärt er und tippt mit dem Finger lächelnd auf seine Errungenschaft. „Dies ist eine der meistgekauften Matratzen.“
„Ne, ne, ne“, kann der Rechtsliegende nur ungläubig einwenden und streicht mit seiner Hand verlegen über sein Unterbett. Und der Linksliegende erwidert: „Doch!“
Das ist eine grundehrliche Werbung, wie sie sein soll, und die mit einer unmissverständlichen Botschaft daherkommt: Die jungen Leute müssen auf erschwingliche Matratzen aufmerksam gemacht werden, damit sie sich auch noch ein richtiges Bett mit allem, was dazu gehört, leisten können.
Wie man sich bettet
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Werbung „verfolgt“ einen ja überall. Und diese beschriebene Matratzenwerbung ist mir auch bekannt. Ich kann damit leider nichts anfangen (wie mit manch anderer Werbung auch nicht).
Der Beitrag beschreibt diese Werbung köstlich und nimmt sie gerade im letzten Absatz so richtig „aufs Korn“.