Lieber guter Nikolaus,
komm zu uns – doch nur vors Haus!
Darfst nicht in die engen Stuben
zu den Mädchen und den Buben
oder zu den alten Leuten,
die im Altenheim sich freuten.
Kannst dich auch, ich mag es leiden,
dich als Weihnachtsmann verkleiden.
Außerdem möcht ich dich bitten,
komm doch mit dem Rentierschlitten
und bring gleich, wir warten schon,
die Päckchen mit von Amazon.
Du brauchst dich heute nicht im engen
Hauskamin nach unten zwängen.
Und weil es ist ein alter Brauch,
kommt der Ruprecht leider auch.
Sagt, er käm vom Walde her,
trägt an seinem Sack sehr schwer.
Hören wir ein Glöcklein klingen?
Hören wir die Englein singen?
Nein, es kommt mit Sack und Pack
der Coca-Cola-Weihnachtstruck.
Ach, wie die Kinderaugen leuchten,
die der Erwachsenen sich befeuchten.
Wisst ihr noch wie‘s früher war
mit der ganzen Kinderschar,
Oma, Opa, Onkel, Tante
und noch weit‘re Anverwandte?
Waren alle ganz gespannt,
der Adventskranz hat gebrannt.
Opa rauchte eine Pfeife.
Oma roch ganz fein nach Seife.
Klein-Lieschen saß noch auf dem Topf.
Onkel Sepp mit rotem Kopf
lobt den Wein, den Hefezopf,
lobt Tante Grete ganz entzückt
und hat drei Scheiben schon verdrückt,
lobt nebenbei das saub‘re Haus.
Wo bleibt nur der Nikolaus?
Nachbar Fritz, der auch geladen,
sagt: Ein Speck könnt jetzt nicht schaden.
Habt ihr sonst noch was im Haus?
Wo bleibt nur der Nikolaus?
Man brauchte keinen Rentierschlitten,
den Niklaus musste niemand bitten.
Nix mit Coca-Cola-Mann!
Schaut euch mal die Sippschaft an,
wie sie festen – ungeniert
wird auch noch der Schnaps probiert.
Niklaus ist ein guter Mann,
fängt Oma jetzt zu singen an.
Hansi sagt: Ich will nicht nölen,
doch Oma muss die Stimme ölen.
Opa meint nur, stellt euch vor,
so sang sie auch im Kirchenchor.
Der Magd Emma ist nach Schmusen,
Franz, der Knecht, kann‘s nicht verknusen.
Die Patentante sieht‘s verträumt
und denkt: Was hab ich nur versäumt?
Lasst uns froh und munter sein,
singt Oma jetzt, doch ganz allein.
Mutter und Vater schau ‘n beklommen.
Jetzt könnt der Heilige endlich kommen.
Kinder, singt das Lied von den Schafen,
doch diese sind schon eingeschlafen.
Jetzt hören sie den Karo bellen,
zugleich ein Rufen und ein Schellen.
Emma, die Magd, geht vor das Haus
und ruft: Es ist der Nikolaus,
Knecht Ruprecht auch, sie sind zu dritt,
sie bringen noch den Pfarrer mit!
Zum Nikolaustag 2020
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Lieber Dieter,
etwas verspätet lese ich dein Nikolausgedicht. Es hat mich zum Schmunzeln gebracht in dieser nicht immer einfachen Zeit!
Liebe Grüße auf die Reichenau,
Ulrike
Liebe Ulrike, Dein Interesse an meinen Texten hat mein altes Herz freudig klopfen lassen. Dafür sagt Dir der Dieter ein herzliches Dankeschön.
Super. Beim Lesen habe ich geschmunzelt, nicht ein einzig’s Mal die Stirn gerunzelt. Dieter, was Du da erdacht, hast Du wieder toll gemacht. Wenn früher auch nicht alles besser war, war es maßvoller, das ist wohl klar.
Danke für die Freude, Dieter, die Deine Texte mir bereiten. Bitte mach weiter.
Herzlichst Inge
Liebe Inge, immer, wenn Du Dich mit einem Kommentar meldest, ist es für mich ein besonderer Tag. Dafür danke ich Dir.
Viele Grüße vom Dieter